Sylt gilt vielerorts als die Insel der Reichen und Schönen und schon seit fast 100 Jahren gilt sie als die Insel der Nackten. Sylt prägte den Begriff der Freikörperkultur (FKK) mehr als jede andere Region des Landes. Bereits 1850 empfahl der Sylter Arzt A. Jenner, unter allen Umständen ohne Kleider zu baden, da auch noch so dünne Kleidung die belebende Wirkung des Wellenschlages behindere. Zudem kühle die nasse Kleidung den vom Wellenschlag erwärmten Körper zu schnell wieder aus. Also entstand auf der Insel eine erste Enklave des Nudistentums, und man ging, natürlich der Zeit entsprechend streng nach Geschlecht getrennt, an separaten Stränden erstmals unbekleidet zum Bade.
Von Anfang an war die stetig wachsende Gemeinde der Nudisten eine Gemeinschaft mit hehren Ansprüchen und nicht umsonst spricht man von einer Freikörper-Kultur. Auf Schildern wurde schon damals auf die FKK-Strände hingewiesen, versehen mit den frei nach Kant formulierten Grundsätzen der Nudisten »jedem das Seine« und » eine störe den anderen«. Eines der ersten textillosen Refugien war der Strandabschnitt »Abessinien« bei Westerland, wobei sich die Eröffnung der ersten »Luft- und Sonnenbäder für den unbekleideten Körper« im Jahre 1904 ohne großen Widerstand und in aller Stille vollzog.
Ganz im Gegensatz zu den langen Diskussionen und die vielen Bedenken gegen ein Familienbad zwei Jahre zuvor. Dass Männer und Frauen, wohlbemerkt in hochgeschlossener Badekleidung und meist eher zum Sonnenbad gerüstet, gemeinsam an einen Strand gingen, schien den Menschen damals offenbar bedenklicher zu sein, als das unbekleidete Sommervergnügen. Das Familienbad war zudem für Junggesellen gesperrt, es sei denn, sie gehörten zu einer der badenden Familien. Heute wird niemand mehr gezwungen, sich an oder auszuziehen, schließlich gibt es auf Sylt Strandabschnitte für jeden Geschmack. Ob Nackt unter Nackten, mit oder ohne Hund, gemischt bekleidet und textillos, hier sonnt und badet jeder nach seiner Façon an »seinem« Strand.
Noch heute gilt, was schon auf den alten Schildern geschrieben stand:
„Sie betreten jetzt den F.K.K.-Strand. Wollen Sie dorthin – dann gehen Sie hinein. Wollen Sie es nicht – dann, bitte, gehen Sie vorbei“.